Worum geht es?
Im heutigen Industriegebiet Winterthur Grüze steht an der ST. GALLERSTRASSE 130 eines der letzten noch verbliebenen historischen Wohnhäuser des Quartiers. Die Stadt Winterthur plant, das über 130-jährige, schützenswerte Backsteinhaus abreissen zu lassen. Damit wird zum wiederholten Mal ein Stück Winterthurer Geschichte und Baukultur vernichtet.
Wir fordern von den Entscheidungsträger:innen der Stadt und Politik, die Erhaltung des Bauwerks zu sichern. Mehrere Häuser in direkter Nachbarschaft mit ähnlich historischem Hintergrund sind in der Vergangenheit bereits der Abbruchkugel zum Opfer gefallen und aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden. Die architektonische Ausstrahlung des historischen Bauwerks ist eine einmalige Chance für die Zukunft des Quartiers. Diesen Mehrwert muss die Stadt anerkennen und dem Haus seinen berechtigten Platz in der Gebietsentwicklung Neuhegi-Grüze einräumen.
DAS HAUS – LAGE UND HISTORISCHER HINTERGRUND
Das historische Gebäude an der ST. GALLERSTRASSE 130 wurde 1891 gebaut. Es befindet sich in unmittelbarer Nähe zur «Schweizer Nagelfabrik - Nagli» aus dem Jahr 1895, und zum denkmalgeschützten Bahnhof Grüze. Dem Winterthurer Glossar ist zu entnehmen, dass das Haus zwischen 1900-1936 als Postlokal «Grüze» genutzt wurde, bevor die Poststelle unter dem Namen «Winterthur 3 Geiselweid» an der Thurgauerstrasse weitergeführt wurde. Bedauerlicherweise hat man es versäumt, das erhaltungswürdige Haus rechtzeitig ins Inventar der denkmalgeschützten Bauten aufzunehmen.
DAS BAUPROJEKT – LAGE UND AUSBLICK
Die Stadt Winterthur hat das Grundstück, auf dem das schützenswerte Wohnhaus steht, im Zusammenhang mit dem Brückenprojekt «Querung Grüze» gekauft. Ist die Brücke einst fertig gebaut, wird sie sich auf der gegenüberliegenden Strassenseite, vis-à-vis dem Gebäude befinden. Mit der markanten Brücke als ÖV-Drehscheibe soll sich das Gebiet um den Quartierbahnhof Grüze zu einem zentralen Stadtteil von Winterthur wandeln.
Die Vorlage zur Brückenquerung wurde Ende 2020 vom Winterthurer Stimmvolk angenommen. An der Stelle, wo das sehr gut erhaltene, historische Haus heute steht, soll in einer späteren Bauetappe, zum Zweck einer neuen Busroute, die bestehende Strasse weiter ausgedehnt werden. Sie ist Teil des geplanten Verkehrskonzepts Neuhegi-Grüze. Das Wohnhaus mit Vorgarten steht der neuen Strasse mit nur wenigen Metern im Weg. Im Übrigen sind auf dem Grundstück an zentraler Lage Neubauten angedacht.
Fraglich bleibt, ob es bei der städtischen Verkehrs- und Raumplanung nicht eine Lösung gegeben hätte, bei welcher der Standort und Erhalt des Hauses berücksichtigt worden wäre. Stadtentwicklung in Form von modernisierender Verdichtung wird hier durch Verdrängung bestehender historischer Gebäude realisiert.
Der Umstand, dass im Zusammenhang mit der «Querung Grüze» ein über 130-jähriges, schützenswertes Haus abgerissen werden soll, wurde von der Stadt in der damaligen Abstimmungsvorlage nicht erwähnt.
Die Bauvorbereitungen für die Brücke haben anfangs 2023 begonnen. Im aktualisierten Stadtmodell und in allen offiziellen Projektplänen der Stadt Winterthur ist die ST. GALLERSTRASSE 130 noch immer aufgeführt. Inoffiziell wurde der Abbruch des Hauses jedoch längst kommuniziert.